Es war eine kalte Novembernacht.
Mein Handy klingelte und im gleichen Atemzug war ich wach.
Da war er also: der Anruf, der Moment!
Meine allererste Geburtsbegleitung.
Voll bepackt und aufgeregt stieg ich ins Auto.
Die Gedanken rasten genauso schnell wie ich die Autobahn entlang.
Alles war ruhig. Die Nacht bereits in Stille gehüllt.
Auf leisen Sohlen betrat ich den Geburtsraum.
Alles war friedlich und ein unbeschreiblicher Zauber lag in der Luft.
Im Kerzenschein veratmete Anna die ersten kräftigen Wehen.
Ich drückte den Auslöser und war gerührt von der Gleichzeitigkeit der Gefühle.
Stärke, Zuversicht und Verletzlichkeit gingen Hand in Hand.
Danke Anna, dass ich so nah und ein Teil dieser schönen Reise sein durfte.
Ich werde diese Erfahrung für immer in meinem Herzen tragen.
Ich durfte Anna ein paar Fragen zu ihrer Geburt und dem Thema Geburtsfotografie stellen.
Ihre Antworten und Gedanken, möchte und darf ich hier mit euch teilen.
Danke Anna für deine Offenheit und dein Vertrauen!
Wie bist du zur Entscheidung gekommen,
eine Fotografin bei deiner Geburt dabei zu haben?
Ich hole ein bisschen aus, um diese Frage zu beantworten und beginne bei meiner ersten Geburt vor fünfeinhalb Jahren. Auch da habe ich entschieden, zu Hause zu gebären, aber ich wollte möglichst allein sein. Es waren nur meine Hebamme und mein Mann dabei. Ich wusste damals schon, dass es Fotografinnen gibt, die Geburten begleiten und sehr beeindruckende Bilder schaffen können. Aber damals habe ich mich bewusst dafür entschieden, dass es von meinem Geburtsprozess keine Fotos geben sollte.
Auch mein Mann sollte mich damals nicht unter der Geburt fotografieren.
Ohne zuvor geboren zu haben, hatte ich den allergrößten Respekt vor dieser Grenzerfahrung und der Geburtskraft.
Ich wünschte mir, zu gebären in völliger Abgeschiedenheit und nur so viel beobachtet zu werden, wie es unbedingt notwendig war (durch meine Hebamme).
Ich wünschte mir, die Geburt rein aus der „Innenperspektive“ zu erleben. Ich wollte mich selbst später nicht unter der Geburt auf Fotos sehen. Ich wollte damals, dass die Bilder dieser Geburt rein in meiner Erinnerung bestehen bleiben.
Im Nachhinein betrachtet, wollte ich mir auch „die Hintertür offen lassen“, die Bilder der Geburt wieder zu vergessen.
Für den Fall, dass ich mich nicht erinnern WOLLTE.
Für den Fall, dass ich zu überwältigt sein würde von der Geburt. Ich wollte die Option haben, wieder zu vergessen.
Diese meine erste Geburt ist wunderbar verlaufen. Genau wie meine zweite.
Dann wurde ich mit meinem dritten Kind schwanger.
Es war klar, dass es meine letzte Schwangerschaft, meine letzte Geburt, mein letztes Wochenbett, mein letztes Mal über die Schwelle treten ins Muttersein werden sein würde.
Das Ende eines Lebensabschnittes begann sich abzuzeichnen.
Ich wollte das alles noch einmal ganz bewusst erleben, einen Schritt nach dem anderen, langsam, hinspüren. Was brauche ich und was braucht mein Baby?
Ich habe das ganze letzte Jahr und das Ankommen meines letzten Babys zelebriert. Ich bin postpartum noch mittendrin. Das Ankommen im Muttersein und sich selbst neu zu finden, erlebe ich wieder als langen, langsamen Prozess, auch wenn es nicht mein erstes Kind ist. Es dauert.
Bei dieser letzten Geburt wollte ich Bilder, Fotos, Erinnerungen zum Anfassen.
Ich wollte festgehalten haben, wie schön mein Geburtsraum war, ich wollte den Kerzenschein sehen.
Wollte Erinnerungen an meine Geburtsbegleiter:innen (meine Hebamme, meine Doula und meinen Mann) haben.
Ich wollte Fotos, um meinem Kind später zeigen zu können, wie schön die Geburt war.
Welch friedliches, freudiges Geburtsfest!
Ich wollte diesmal die Außenperspektive sehen.
Ich wollte mich selbst sehen in diesem stärksten und gleichzeitig verletzlichsten Moment, um mich später besser daran erinnern zu können.
Und was soll ich sagen? Mich durch diese Fotos, durch deine Augen zu sehen, hat mich sehr berührt!
Wie hast du die Begleitung während der Geburt erlebt?
Dass wir uns vor der Geburt zwei Mal getroffen hatten und uns auch vor den Treffen schon ein bisschen kannten, hat mir sehr geholfen, dich mental und emotional in den engsten Kreis meiner Geburtsbegleiterinnen zu lassen.
Es war mir im Vorfeld wichtig bei dir die Hingabe und Liebe zur Geburt,
zum Prozess des "Sich-ultimativen-Öffnens", zum Gebären und zum Baby zu spüren.
Ich habe es so erlebt, dass du wirklich auf einer Wellenlänge mit meinen anderen Geburtsbegleiterinnen warst und neben deinen Bildern einen tollen Beitrag als Oxytocin-Spenderin geleistet hast ☺.
Es ist wirklich wichtig, dass alle bei der Geburt anwesenden Personen gut harmonieren.
Hätte ich eine Disharmonie gespürt, hätte ich nicht so gut loslassen können.
Du warst total zurückhaltend, unauffällig und diskret.
Als du gekommen bist hab ich dich kurz wahrgenommen und danach erst wieder als ich mich mit meinem Baby aufs Bett gelegt habe.
Im Vorfeld hatten wir besprochen, dass ich mir ein Foto mit Plazenta,
intakter Nabelschnur und Baby wünsche.
Es war ganz toll, dass du dann gleich so „hands-on“ warst und die Blumen um die Plazenta arrangiert hast.
Welchen Wert haben diese Bilder für dich?
Ich bin sehr froh darüber, dass ich mich dazu entschieden habe, dich zu meiner Geburt dazu zu holen.
Die Entscheidung dazu hab ich relativ spät, erst im dritten Trimester getroffen.
Der emotionale Wert dieser Bilder ist unbeschreiblich!
Für mich, aber auch für meinen Mann, der ja dabei war, und alle unsere Kinder.
Alle Menschen, außerhalb meiner Kernfamilie, denen ich diese Bilder gezeigt habe, waren tief berührt und konnten die tiefe Unbegreiflichkeit dieser Momente spüren.
Was möchtest du anderen werdenden Mamas mit auf den Weg geben?Â
Hier hätte ich viel zu sagen, ich bin ja Doula ☺.
In Bezug auf Geburtsfotografie finde ich wichtig, dass wir als Schwangere uns tief damit auseinander setzen, ob wir uns im Setting mit einer Geburtsfotofgrafin unbeobachtet genug fühlen, um uns dem Geburtsprozess und der Geburtstrance hinzugeben.
Damit die Hormone bei der Geburt optimal fließen und ihren Job machen können, ist es essentiell, dass wir uns sicher, geliebt, geborgen und unbeobachtet fühlen.
Dass neben den anderen Geburtsbegleiterinnen auch die Geburtsfotografin eine Vertrauensperson ist,
halte ich für wichtig.
Das ist das Wichtigste, was ich Schwangeren mit auf den Weg geben möchte:
Vertraue deinem Bauchgefühl und kenne dich selbst!
Bei einer Geburt gibt es neben der Unbekannten, so viel Gestaltungsspielraum. Nütze ihn!
Wie wir gebären kommt in unseren Lebensrucksack an Erfahrungen.
Wie unser Baby geboren wird, kommt in seinen Lebensrucksack.
Darin steckt unheimlich viel Potential eine nährende und stärkende Erinnerung zu schaffen,
die uns unser Leben lang weiterträgt.
Danke Anna!
Doula: Jelena Drofenik-Premauer https://www.jelena.at
Hebamme: Patricia Schmidmeier https://www.hevianna.at
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